11. April 2019 | Tanja Herbst (gepostet von Laura Bechtold)
Tanja Herbst, Research Director bei der GIM, forscht unter anderem im Bereich Beauty-Produkte. Seit einiger Zeit beobachtet sie in der Branche einen Trend hin zu nachhaltige(re)n Produktverpackungen. Was genau hinter den „zero waste“-Verpackungen steckt und wie nachhaltig Packaging überhaupt sein kann, erklärt Tanja in diesem Blogbeitrag. Und das Timing könnte nicht besser sein, denn wie wir vergangene Woche berichtet haben (Link), beschäftigen wir uns aktuell im Rahmen unserer Aktionswoche in der GIM mit dem Thema Abfallvermeidung.
Produkte im Drogeriemarkt haben alle Farben und Formen – sie buhlen um die Aufmerksamkeit der Konsumenten. Mit aufwendigen Verpackungen möchten Beauty- und Kosmetikmarken ins Auge fallen und zeigen: unsere Produkte sind qualitativ hochwertig! Bisher steht für Markenartikler beim Packaging vor allem die Ästhetik im Vordergrund, das Thema der nachhaltigen Verpackung gewinnt aber zunehmend an Bedeutung. Nicht zuletzt, weil ökologisch bewusstes Handeln für Konsumenten wichtiger wird. Innovative Materialien wie Bambus oder Zuckerrohr sind im Kommen und Vorreiter wie Aveda und Lush bereiten den Weg für das „sustainable Packaging“.
Nachhaltiges Packaging stärkt Umwelt & Image
Warum sollten Unternehmen in nachhaltige Produkt(verpackungen) investieren? Diese Frage ist durchaus berechtigt, bedenkt man, dass diese oft teurer sind als konventionelle Verpackungen aus Plastik und Co. In den letzten Jahren hat auf Konsumentenseite durchaus ein Umdenken stattgefunden. Das Bewusstsein über den Klimawandel und die Folgen unseres Konsums bewirkt einen kritischeren Umgang mit Abfallprodukten. Beautymarken, die in nachhaltige Produkte investieren, punkten somit auf verschiedenen Ebenen: sie stärken ihr Image, agieren als moderne und verantwortungsvolle Unternehmen (Stichwort CSR) und passen ihr Angebot der Nachfrage an.
Um Verpackungen möglichst klimaneutral und umweltfreundlich herzustellen, müssen herkömmliche Materialien ersetzt und reduziert werden. Problematisch sind vor allem Kunststoffverpackungen, da diese erst nach sehr vielen Jahren abgebaut und kaum recycelt werden (wir alle kennen die Bilder von Plastikprodukten die im Ozean treiben). Kunststoffen wie BPA und Phthalate – sogenannte „Weichmacher“ – werden darüber hinaus gesundheitsschädliche Wirkungen wie Hormonstörungen nachgesagt.
Bambus, Glas und Zuckerrohr statt Kunststoff
Alternativen zum Kunststoff gibt es inzwischen einige. Immer häufiger werden sogenannte Biokunststoffe eingesetzt. Verpackungen aus Biokunststoffen sehen auf den ersten Blick aus wie normale Plastikverpackungen, sind jedoch biologisch abbaubar und basieren auf biologischen Materialien, wie zum Beispiel Zuckerrohr. Zuckerrohr wächst schnell und ist damit eine nachhaltige Ressource. Genauso sieht es mit Bambus aus – der am schnellsten wachsenden Pflanze der Welt und damit der Nummer eins unter den erneuerbaren Ressourcen. Auch interessant: Bambus wächst sogar schneller, wenn er gefällt wird!
Materialien, die entweder leicht recycelt werden können oder bereits recycelt wurden, sind die gängigsten Kunststoff-Alternativen. Vor allem recyceltes Plastik wird gerne verwendet, da es optisch und haptisch wirkt wie “neuer” Kunststoff. Leicht recycelbar sind zudem beispielsweise Glas- und Metallverpackungen, die bei richtiger Entsorgung bis zu 100% wiederverwendet werden können. Auch Pappe aus recyceltem Papierzellstoff oder recycelter Kunststoff bieten sich für das nachhaltige Packaging an. Generell gilt: Verpackungen sollten (egal ob recycelbar, nachhaltig oder nicht) im ersten Schritt reduziert werden. So sieht man aktuell im Drogeriemarkt noch viele Artikel (Hautcremes, Zahnpasta, Schminkartikel und Co.), die in aufwendig gestalteten Pappkartons, „doppelt verpackt“ werden.
LUSH, Aveda & Co. als Packaging-Vorreiter
Wegweisende, nachhaltig verpackte Kosmetikprodukte bieten zum Beispiel Marken wie Aveda, The Body Shop oder LUSH. Aveda hat als erstes Kosmetikunternehmen 100 % recyceltes PET für Verpackungen verwendet. Daneben versucht Aveda, Größe, Gewicht und den Produktionsprozess der Verpackungen nach Möglichkeit zu reduzieren. Auch Biokunststoffe aus Zuckerrohr kommen zum Einsatz. Zur Herstellung und Abfüllung der Produkte werden erneuerbare Energien genutzt.
Die Marke LUSH bietet 35 % ihrer Produkte sogar völlig unverpackt an, und ist damit Vorreiter in der „zero waste“-Bewegung. LUSH labelled diesen Ansatz „Naked Packaging“. Die restlichen Produkte verpackt das Unternehmen in recycelten oder recycelbaren Materialien. Seit einigen Monaten gibt es in mehreren Städten (darunter Berlin und Mailand) LUSH Naked Shops, in denen alle Produkte komplett unverpackt sind.
Auch Beauty-Giganten wie Unilever, KAO und L’Oréal haben ihre Richtlinien zur Abfallreduzierung und anderen Nachhaltigkeitszielen veröffentlicht. KAO’s Credo der 4 R’S (Reduce, Recycle, Reuse, Renew/Replace) wird beispielsweise in sozialen RecyCreation-Projekten realisiert. In Zusammenarbeit mit lokalen Gemeinden werden von dem japanischen Kosmetikunternehmen gebrauchte Nachfüllpackungen gesammelt und wiederverwertet.
Mit „Love Beauty and Planet“ hat Unilever sogar eine neue Marke entwickelt, die auf Nachhaltigkeit fokussiert und vegan ist. Die L’Occitane Group hat sich kürzlich mit dem Kunststoffinnovator Loop Industries zusammengeschlossen. Ab 2022 sollen alle L’Occitane Verpackungen aus dem nachhaltigen Loop-Kunststoff hergestellt werden.
Green Revolution oder Greenwashing?
Schreiben sich Unternehmen Nachhaltigkeit und Trend-Begriffe wie „zero waste“ auf die Fahne, lässt der Vorwurf des Greenwashings meist nicht lange auf sich warten. Natürlich lassen sich Produkte in innovativen und nachhaltigen Verpackungen (oder ganz unverpackt) gut vermarkten. Und sicherlich lohnt sich ein gründlicher Blick hinter das grüne Image – nicht jedes nachhaltig verpackte Produkt hat auch eine gute Ökobilanz oder entsprechend nachhaltige Inhaltstoffe. Trotzdem finden wir: Ein Schritt in die richtige Richtung ist der Trend auf jeden Fall. Und er hat das Potential noch mehr Konsumenten für das Thema Nachhaltigkeit zu begeistern.
Wenn ihr Fragen zum Thema habt, könnt ihr euch gerne mit Tanja in Verbindung setzen: t.herbst@g-i-m.com
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