Photokina in Köln: Schneller, höher, kleiner …

Wir berichten Euch ja gerne auch mal über Hobbies unserer Kolleginnen und Kollegen. So sind ja zu Beispiel recht viele davon sehr musikalisch (GIM Band), zeichnen auf hohem Level oder gehören zur internationalen Spitze schillernder Nischensportarten. Unser Kollege Kurt Imminger ist hingegen schon seit vielen Jahren begeisterter Fotograf und sorgt auch immer rund um unsere GIM-Events für bleibende visuelle Erinnerungen. Ihn hat es im Frühherbst auf die „Photokina“ nach Köln gezogen, einer internationalen Messe für Fotofreunde aus aller Welt (knapp 1.000 Unternehmen aus 42 Ländern, etwa 190.000 Besucher aus 133 Ländern). Hier sein Bericht über neueste Trends in diesem kreativen Bereich – und wie diese vielleicht auch für die Marktforschung eingesetzt werden können.

Noch mehr Bilder pro Sekunde (10 Bilder pro Sekunde sind schon fast normal, nicht selten gibt es deutlich mehr), noch höhere Auslösungen bei Foto- und Video-Kameras (4K ist fast ein MUST). Das war erwartbar, auch wenn die Fotoindustrie die letzten Jahre gar nicht so sehr dem Pixelwahn verfallen ist, sondern viel für die Qualität der Sensoren und damit der Bildergebnisse am Ende getan hat. Das sog. Bildrauschen ist ggü. Kameras von vor 5-6 Jahren deutlich zurückgegangen. Ob das aber wirklich expliziter Kundenwunsch war, wie wir das in der Marktforschung so gewohnt sind, wage ich für die Masse der Alltagsbilder etwas zu bezweifeln. Wahrscheinlich sind eher die Rechen- und Speicherkapazitäten im Haus der Hobbyfotografen nicht schnell genug mitgewachsen.

Interessant ist auch, wie das Wort „kleiner“ in Technik umgesetzt wird. Und es ist wirklich wörtlich zu nehmen: Von GoPro kennt man ja nun schon seit Jahren und einigen Geräte-Generationen (die GoPro5 ist nun dran) ihre relativ kleinen Kameras. Wir nutzen diese ja ebenfalls im Forschungsalltag, wenn es um Autofahrtests, Kühlschrank-Kliniks oder im halb-privaten Rahmen ums Skifahren geht. Und genau für letzteres sind sie ja auch super geeignet. Dieses Mal trifft man aber fast auf Schritt und Tritt Anbieter, die mit sehr kleinen Kameras für Action auf sich aufmerksam machen. Sei es Rollei, Nikon mit ihrer neuen KeyMission 80 oder auch ihrer neuen 360°-Kamera, der KeyMission 360. Dementsprechend breiten Raum gab es auch für Nikons neuen „I am“-Slogan: „I am on a mission“. Das Thema lohnt sich auch für uns Marktforscher im Auge zu behalten, denn gute Aufnahmetechnik kann heute auch klein sein.

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360° ist übrigens auch die Voraussetzung für einen anderen Trend, nämlich VR! Hersteller schieben das mit unterschiedlicher Power in den Vordergrund. Nikon baute daraus eigene Touchpoints auf der Messe, nämlich gleich am Eingang, und zusätzlich auf dem eigenen Stand. Hier kann man die Ergebnisse von 360°-Videos bewundern, mit voll abschirmenden VR-Brillen, bei denen oftmals nur das eigene Smartphone vorne eingeschoben wird (wie bei Googles Cardboard, die vor 2 Jahren bei der letzten Photokina 2014 schon viel Staub aufgewirbelt haben). Interessant wird das für uns Marktforscher dann, wenn wir diese Technik einsetzen könnten bei Showrooms, POS-Gestaltungen, vielleicht auch Autoclinics oder eigene Kommunikation speziell für den VR-„Kanal“. Ein Erlebnis für mich allerdings: Ich bin immer ein bisschen ins Wanken gekommen, das eigene Gleichgewichtsorgan wird ein bisschen in die Irre geführt. Festhalten oder Sitzen ist sinnvoll.

Interessant auch die Brille eines Epson-Partners: Diese kann – wie auch Google Glass – digitale Inhalte in die aktuelle Umgebung einblenden. Ziel von Augmented Reality bei Epson bzw. seinem Partner scheint zu sein, einen technischen Außendienst-Mitarbeiter z.B. darin zu unterstützen, wie er eine Maschine zu reparieren hat, indem er mit einem Spezialisten kommuniziert, der über die Brille sieht was der Außendienstler vor Ort sieht, und der ihm Anweisungen per Zuruf, Text oder Grafik einblenden kann. Digitale Inhalte werden also in die reale Umwelt eingeblendet, Dies kann früher oder später sinnvoll einsetzbar sein, wenn eine Kunde z.B. einen Verkaufsraum designen möchte und der Marktforscher herausbekommen soll, ob eher Variante A oder B dem Kunden besser gefällt, ihn besser zum Bleiben einlädt bzw. welche nun besser „verkauft“.

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Nicht mehr wegzudenken von der Photokina sind inzwischen Apps! Die Smartphones und Tablets sind – will man meinen – unverzichtbare Helferlein für den Fotografen geworden. Kaum ein Hersteller, der nicht eine spezielle Anwendung für diese Gerätschaften hat. Und in vielen Fällen sind diese auch nur Durchgangsstationen nach dem Motto „get connected“. Denn was sind Fotos, die nicht geteilt werden? Ein richtig weitreichendes „Ökosystem“ hat sich um die geschossenen Fotos gebildet, das alle Cloud- und Funksysteme umfasst. Zur Erinnerung: Früher endete das „Ökosystem Fotografie“ nicht selten im Fotoalbum im Bücherregal und wurde herausgeholt, als mal Besuch kam! Andere Zeiten, andere Fotos, andere Verteilsysteme, andere Perspektiven (per Drohne zum Beispiel).

Apropos „Drohnen“: Ebenfalls ein wichtiges Hype-Schlagwort auf der Photokina. Drohnen werden inzwischen pro Jahr in sechs-stelliger Zahl verkauft! Nicht nur GoPro mit einer kleinen zusammenlegbaren Drohne buhlt um Aufmerksamkeit, auch Hasselblad begeistert seine Profikunden mit einem leistungsfähigen Modell. Die FAZ am Sonntag leistete mit ihrem Aufmacher eine Punktlandung, indem sie auf der Titelseite der am letzten Photokina-Tag frei erhältlichen Zeitung auf die Gefahren für den Flugverkehr hinwies. Denn Drohnen erfreuen sich zunehmender Beliebtheit. Dabei wirkt sich das Originalmotto „Schneller, höher, weiter“ (nicht „kleiner“) fatal auf die professionelle Fliegerei aus, sowohl bei Passagierverkehr als auch bei Rettungsverkehr! Die deutsche Flugsicherung verlangt nach einem „Drohnenführerschein“! Und von der Privatsphäre fangen wir hier gar nicht erst an … Aber faszinierend sind sie, das muss man ihnen lassen! Das wären doch für Kunden tolle Videos bei B2B-Clinics, wenn die Drohne um den Handwerker kreisen könnte, während er die neue Hilti oder den neuen Kärcher testet!

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Eine letzte Sache fand ich auffällig: Vor 2 Jahren war ich verwundert über die immense Präsenz chinesischer Anbieter für unterschiedlichstes Zubehör. Gefühlt 50 Blitz-Anbieter, 70 Stativ-Anbieter oder 100 Bilderrahmen-Anbieter waren bei der letzten Messe in einer Halle vertreten. Zwar gab es auch dieses Jahr viele Anbieter aus dem Reich der Mitte. Aber der massive Ansturm schien dieses Mal ausgeblieben zu sein. So wie insgesamt offenbar einige Anbieter weniger auf der Messe waren: Vor 2 Jahren waren wohl noch etwa 1.100 Aussteller angepriesen worden, 2016 wird eine offizielle Aussteller-Zahl von unter 1.000 veröffentlicht. Aber dennoch angeblich mehrere Tausend Besucher mehr, v.a. bei jungem Publikum. Vielleicht u.a. aufgrund der inzwischen fast komplett weggebrochenen Kompaktkamera-Klasse. Das Smartphone hat diese Kameraklasse, zumindest die günstigen, in wenigen Jahren überflüssig gemacht. Dies merkte man auch beim jungen Publikum: Smartphone-Fotografie kam überall zur Anwendung bei den Besuchern.

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