Home Staging: Der erste Eindruck zählt

Beim Kauf einer Immobilie zählt oft der erste Eindruck, der schnell über Interesse oder Desinteresse entscheiden kann. Einfluss auf diese Entscheidung nehmen immer häufiger so genannte “Home Stager”. In den USA sind sie etabliert und gefragt, hierzulande aber noch eher unbekannt. Home Staging als Sales Strategie soll verkaufsfördernd wirken, indem Immobilien visuell und atmosphärisch aufgewertet werden. Und das vor allem bei jenen Objekten, die schwer an den Mann bzw. die Frau zu kriegen sind. Im Interview mit GIM Radar spricht die praktizierende Home Staging-Expertin Heike Uhlemann über Hintergründe, Maßnahmen und Vorteile des Trends.

Hallo Frau Uhlemann! Herzlichen Dank, dass Sie sich die Zeit heute für unser Interview genommen haben.
H. Uhlemann: Sehr gerne! Vielen Dank für die Anfrage.

Vielleicht fangen wir einmal von vorne an: Was versteht man eigentlich unter dem Begriff „Home Staging“?
H. Uhlemann: Home Staging nennt man die optimale Präsentation einer Immobilie für den Verkauf, manchmal auch für Vermietungen. Ziel ist dabei, die Kaufinteressenten zu begeistern und eine erhöhte Nachfrage zu erzeugen. Letztendlich führt diese Maßnahme dazu, dass die Immobilie schneller und vor allem zu einem besseren Preis verkauft wird. Home Staging ist sozusagen eine verkaufsfördernde Marketingstrategie für Immobilien.

Schneller und zu einem höheren Preis?
H. Uhlemann: Ja. Statistisch verkaufen sich die aufbereiteten Immobilien doppelt so schnell und erzielen 10-15 Prozent höhere Verkaufspreise. Meine firmeninterne Statistik zeigt, dass Objekte, die vor der ersten Vermarktung in Szene gesetzt wurden, innerhalb von im Schnitt 19 Tagen eine Kaufzusage erhalten haben.

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Erfolge: Diese Doppelhaushälfte in der Nähe von Heidelberg war ein klarer Fall für Home Staging. Lesen Sie hier die ganze Geschichte inkl. Vorher/nachher-Bildmaterial. Bildmaterial: HomeStagingDE

Woher stammt der Trend des Home Staging?
H. Uhlemann: Der Ursprung des Trends liegt in den USA. Vor mehr als 30 Jahren realisierte dort eine Maklerin, dass sich Immobilien besser verkaufen ließen, wenn die Einrichtung dem Geschmack der Kaufinteressenten entsprach. Gepaart mit ihrem Faible fürs Theater inszenierte sie zum Verkauf stehende Häuser wie ein Bühnenbild – der Begriff des „Staging“ (dt.:  Bühne) war geboren.

Werfen wir nun einen Blick nach Deutschland: Wie verbreitet ist hier der Beruf des Home Stager?
H. Uhlemann: Im Jahr 2006 hat die erste Firma in Deutschland begonnen, diese Dienstleistung auch hierzulande anzubieten. Mittlerweile gibt es schätzungsweise 350 Firmen, die sich auf diese professionelle Form der Immobilienaufbereitung spezialisiert haben.

Und dennoch schaut man bestimmt in so manche fragenden Gesichter, wenn man mit dem Begriff “Home Staging” um die Ecke kommt?
H. Uhlemann: Ja, so kann man das sagen. Wir Home Stager haben hierzulande noch immer Pionierstatus und müssen noch sehr viel Aufklärungsarbeit leisten, da die meisten privaten Immobilienverkäufer von dieser Form der Verkaufsförderung noch nichts gehört haben. Aber in den vergangenen fünfeinhalb Jahren, in denen ich mit meiner Firma tätig bin, haben wir – zumindest aus meiner Perspektive –  schon viel mehr Bekanntheitsgrad erreicht. Dabei verhilft uns natürlich auch die Medienberichterstattung zu mehr Aufmerksamkeit, wie aktuell etwa das VOX-Format „mieten,kaufen,wohnen“.

Nach welchen Regeln oder Prinzipien erfolgt die „visuelle Optimierung“ des Eigenheims?
H. Uhlemann: Ziel unserer Arbeit ist immer, den Kaufinteressenten zu vermitteln, dass es sich um eine gepflegte Immobilie handelt, die viel Platz und den größtmöglichen Lebenskomfort bietet. Für den gepflegten Ersteindruck wird häufig gestrichen, manchmal werden Böden ausgetauscht, der Garten in Ordnung gebracht, u.s.w. Dann richten wir das Haus bzw. die Wohnung so ein, dass wir sicher sind, dass die Immobilie den Interessenten gefallen könnte. Dabei gelten aber für alle Konzepte bestimmte gemeinsame Basics.

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Zielgruppenbestimmung: Home Staging orientiert sich an der jeweils zu erreichenden Gruppe von Kaufinteressenten. Bildmaterial: HomeStagingDE.

Und zwar?
H. Uhlemann: Wir verwenden meist helle Möbel, denn sie erscheinen optisch kleiner und lassen den Raum größer wirken. Zudem arbeiten wir hauptsächlich mit neutralen Farben und wenigen Mustern, um eine ruhige Ausstrahlung zu erzielen. Farben werden gezielt eingesetzt. Eine Immobilie erhält immer ein durchgängiges Farbkonzept, d.h. wir verwenden in einer Immobilie nur eine Farbe bzw. Farbfamilie. Damit entsteht so etwas wie ein roter Faden – der aber auch mal grün, gelb oder blau sein kann ;-). So wird ein möglichst harmonischer Gesamteindruck geschaffen. Und in jedem Fall setzen wir Licht gezielt ein, um Stimmungen zu erschaffen und Highlights zu beleuchten. Es gibt noch viele weitere Techniken… nicht umsonst nennen wir unsere Arbeit auch “Inszenierung” 🙂

…die je nach Zielgruppe unterschiedlich ausfällt?
H. Uhlemann: So ist es. Unsere erste Aufgabe ist immer zu erkennen, welche Käufer für diese spezielle Immobilie in Frage kommen und welchen Einrichtungsstil sie bevorzugen. Während etwa der Fokus bei einem Reihenhaus in der unteren bis mittleren Preislage mehr auf einer familienfreundlichen und praktischen Ausgestaltung liegt, wäre das Einrichtungskonzept einer luxuriösen Loftwohnung eher exklusiv und stylisch. Der Home Stager muss die Wohnvorlieben der verschiedenen Käufergruppen kennen und umsetzen können. Nur dann entsteht beim Interessenten ein Gefühl von „So will ich wohnen – hier will ich kaufen!“. Wir versuchen also den entsprechenden Lifestyle der jeweiligen Käufergruppe zu vermitteln.

Angenommen, ich möchte eine Immobilie verkaufen. An welcher Stelle kommen Sie dann ins Spiel und was sind die folgenden Schritte?
H. Uhlemann: Am besten man involviert das Home Staging von Anfang an. Manche Verkäufer wissen zwar um diese Möglichkeit, denken sich aber: „Ach, ich versuche es erst einmal ohne… sollte es dann mit dem Verkauf nicht klappen, kann ich ja immer noch stagen lassen“. Dabei wird aber Folgendes vernachlässigt: 80 Prozent der Käufer kommen aus einer Entfernung von bis zu 5 km und sind sehr gut über den Immobilienmarkt vor Ort informiert. Geht ein Verkäufer mit einer für den potentiellen Käufer uninteressanten Immobilie an den Markt, wird das Objekt registriert und gedanklich als „kommt nicht in Frage“ abgespeichert.

Mit welcher Folge?
H. Uhlemann: Es ist sehr viel schwerer, diesen Interessenten dann dazu zu bewegen, die Immobilie wieder in Betracht zu ziehen, weil sie sich optisch verändert hat. Zudem verliert eine Immobilie mit jedem Monat an Marktwert. Wir persönlich erzielen daher die besten Ergebnisse bei Objekten, die vor ihrer ersten Vermarktung aufbereitet wurden. Aber es gibt auch viele positive Beispiele, in denen Häuser oder Wohnungen, die vorher schon jahrelang vergeblich angeboten wurden, nach dem Home Staging nach wenigen Tagen einen Käufer fanden.

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Vorher / Nachher: Mit einem frischen Anstrich, hellen Akzenten und modernem Design vertreibt der Home Stager den schweren Muff aus vergangenen Tagen. Bildmaterial: HomeStagingDE.

Was passiert, nachdem der Kontakt mit ihnen als Home Stager zustande gekommen ist?
H. Uhlemann: Wir begehen die Immobilie und nehmen auf, welche Maßnahmen in dem Haus oder der Wohnung nötig sind. Häufig können Verkäufer durch Eigenleistungen wie Malerarbeiten, Reinigung, Garten, etc. vieles selbst in Ordnung bringen und dadurch Kosten sparen. Wenn die Immobilie dann zielgruppengerecht eingerichtet ist, werden aussagekräftige Fotos gemacht. Denn heutzutage finden mehr als 80 Prozent der Kaufinteressenten ihre Immobilie in den gängigen Immobilienportalen und dort sind Fotos extrem entscheidend für die Nachfrage.

Wechseln wir kurz die Perspektive vom Verkäufer zum Interessenten: Welchen Nutzen hat er konkret von Ihrem Service? H. Uhlemann: Nur wenige Menschen verfügen über das Vorstellungsvermögen, was aus einer schlecht präsentierten Immobilie herauszuholen ist. So verpassen Kaufinteressenten häufig wirklich gute Gelegenheiten ein schönes neues Zuhause zu finden, nur weil ihnen z.B. die aktuelle Inneneinrichtung nicht gefällt. Durch das Home Staging ist die fehlende Vorstellungskraft nicht mehr von Nöten. Ein gutes Beispiel war ein Haus in der Vorderpfalz, welches nach unserem Staging von einem Ehepaar gekauft wurde, welches das Haus bereits vorher besichtigt und abgelehnt hatte. Erst durch das Home Staging hatten sie das echte Potential des Hauses erkannt.

Entstehen dem Käuferdurch das Home Staging nicht zusätzliche Kosten?
H. Uhlemann: Direkte Kosten entstehen den Käufern durch unsere Arbeit nicht. Nach unserer Erfahrung sind die Käufer aber bereit, 10-15% höhere Preise für das gute Gefühl zu zahlen, das richtige Zuhause gefunden zu haben und nicht eine Katze im Sack kaufen zu müssen.

Was waren bisher Ihre interessantesten Fälle, in denen Sie als Home Stager aktiv waren?
H. Uhlemann: Schwierige Frage! Es hat mir zum Beispiel großen Spaß gemacht, ein Penthouse in Frankfurt am Main für 1,6 Mio. Euro mit tollen Designermöbeln und wertvoller Kunst für den Verkauf herzurichten. Aber mein Herz hängt an den „normalen“ Immobilien, die sich aufgrund ihres Alters und eines gewissen Renovierungsstaus meist schlecht präsentieren und ihr volles Potential nicht zeigen. Mich befriedigt es immer wieder, hier das bestmögliche herauszukitzeln und zu zeigen, dass auch dieses Objekt ein wunderbares neues Zuhause sein kann. Vom hässlichen Entlein zum schönen Schwan quasi… Das begeistert mich jedes Mal aufs Neue. Und der „Applaus“ ist dann der Anruf vom Makler, der einem mitteilt, dass die Immobilie bereits verkauft wurde. Dann hat man alles richtig gemacht.

Frau Uhlemann, ich danke Ihnen herzlich für das Interview und wünsche Ihnen weiterhin viel Erfolg beim “Stagen”!

Heike Uhlmann
Die Home Staging Expertin Heike Uhlmann unterstützt Privatverkäufer wie auch Immobilienprofis. Bildquelle: HomeStagingDE.com.

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