er Grafik-Designer Götz Gramlich ist einer der renommiertesten Plakat-Designer Deutschlands und auch international eine anerkannte Größe. Neben seiner kundenbezogenen Projektarbeit als selbständiger Grafik-Designer in unterschiedlichen kreativen Disziplinen, treibt ihn stets auch der Wille an, etwas in der Gesellschaft zu bewegen. Deshalb rief er im Jahre 2010 gemeinsam mit dem Heidelberger Plakatierer Marcello Lucas „Mut zur Wut“ aus – einen internationalen Plakat-Wettbewerb, der ein Bewusstsein für globale und gesellschaftliche Probleme schaffen und geographische und ideologische Grenzen auflockern soll.
Für die GIM gestaltet Gramlich und sein Netzwerk aus Kreativen regelmäßig unterschiedlichste Module der Unternehmens-Kommunikation (z.B. Flyer, Verpackungen, Internet-Banner, Anzeigenmotive, etc.).
In einem Interview mit Radar erläutert er uns seinen Werdegang und was ihn antreibt im Job und daneben.
Hallo Götz, wir freuen uns, dass Du bei unserem ersten Interview dabei bist! Starten würde ich gerne mit einer klassischen „warm-up“-Frage: Wie kamst Du „zum Design“?
Über einige Umwege! Nach dem Abi arbeitete ich erstmal als Pfleger, studierte dann erst BWL und danach Kommunikationswissenschaften (KW). Ich merkte aber ziemlich schnell, dass mich das alles nicht ausfüllt – ich schloss auch keines der Studien ab. Dafür fing ich aber während des KW-Studiums schon an, nebenher Design zu machen, zum Beispiel Flyer für Clubs. Das war schon eher mein Ding, weil es halt meinen Talenten entsprach. Und irgendwann klappte es dann auch mit dem Studium: 2005 schloss ich mein Kommunikationsdesign-Studium in Darmstadt ab.
Aber Deine kreative Ader hast Du schon vorher gespürt…
Ja klar, gezeichnet hatte ich schon als Junge und Teenager sehr gerne und auch sehr viel – aber das Selbstbewusstsein zu bekommen, um zu sagen: das ist genau mein Ding, das will ich auch beruflich machen, das hatte ich dann erst viel später.
Was fasziniert Dich an dem Thema Grafik-Design am meisten?
Vieles! An dieser Stelle nur zwei Punkte: zum einen ist es immer wieder spannend, komplexe Sachverhalte mithilfe von Schriften, Farben und Formen so reduziert darzustellen, dass man damit fokussiert Themen kommunizieren kann. Ein anderer Punkt: man muss sich immer wieder in neue Prozesse reindenken: jeder Kunde tickt anders, hat andere Fragestellungen und Wünsche. Routinen entstehen somit keine – und alleine das fordert immer wieder unsere Kreativität aufs Neue heraus.
Du bist seit knapp zehn Jahren als Grafik-Designer selbständig mit Deinem Unternehmen gggrafik – und „bewohnst“ heute dieses für die Heidelberger Weststadt eher außergewöhnliche Gebäude mit einem Netzwerk von einigen Kreativen. Wie kam es dazu?
Das hatte am Anfang eher pragmatische Gründe. Das Gebäude stand frei und war für mich und meinen Kollegen Ronald The als Freelancer viel zu groß. Deshalb suchten wir uns mit der Zeit andere „one man shows“ mit Disziplinen, die unser eigenes Angebot sinnvoll ergänzten, unter anderem Interior Design, Produkt-Design, Web-Design. So können wir heute viele kreative Symbiosen nutzen. Daneben arbeiten wir mit einem gemeinsamen Freelancer-Pool. Wir fingen hier 2005 an, unser Netzwerk so wie es jetzt ist, besteht aber erst seit etwa drei Jahren. Das musste erstmal alles in Ruhe wachsen, um gut zu werden – was keine einfache Sache war (lacht).
Aus allen gestalterischen Arbeiten ragt bei Dir das Plakatdesign heraus. Woher kommt die Leidenschaft für dieses spezielle Medium?
Durch den Job. Ich war anfangs viel für Kunden im öffentlichen und kulturellen Bereich tätig. Und bei diesen Auftraggebern sind Plakate seit jeher gefragt im Rahmen ihrer Kommunikation. Es hat mir von Beginn an einen riesigen Spaß gemacht. Dann hatte ich das Glück, für zwei Jahre bei dem Schweizer „Plakat-Guru“ Niklaus Troxler arbeiten zu dürfen. Bei ihm lernte ich nicht nur, Plakate noch besser zu gestalten, sondern auch, Plakatdesign als eine Art Kunstform zu begreifen, die auch unter Grafik-Designern einen hohen Stellenwert hat.
Inwiefern ist das eine „Kunstform“?
Weil es alles andere als einfach ist: Du hast nur eine Fläche, Du kannst nicht viel erklären – wie zum Beispiel bei Katalogen oder Flyern, wo Du mehrere Seiten hast. Das Plakat muss für sich selbst sprechen, das, was Du sagen willst, muss schnell, von Beginn an, auf einen Blick „catchy“ sein. Wie bei einem Gemälde. Es ist eben eine andere Herausforderung, und die zu suchen, hat mir von Anfang an Spaß gemacht.
Spannend! Bleiben wir bei der Kraft des Mediums Plakat: Du bist Co-Initiator von „Mut zur Wut“. Wie kam es zu der Idee für dieses außergewöhnliche Plakat-Projekt?
Bei einem klassischen Feierabendbier! Ich saß vor ein paar Jahren mit Marcello Lucas, einem gut bekannten Plakatierer, zusammen und wir diskutierten über politische Themen. Ich weiß nicht mehr, um was es genau ging, aber wir ärgerten uns gemeinsam darüber, dass man oft das Gefühl hat, an vielen Missständen in unserer Gesellschaft nichts oder nicht viel ändern zu können.
Und dann?
Na ja, irgendwann sagte ich: „Hey, wir können doch was machen: ich kenne Plakatgestalter in der ganzen Welt, wir laden die mal ein, was zu sozialkritischen Themen gestalten zu – und DU plakatierst in Heidelberg. Und dann schauen wir mal, was passiert.“ Die Resonanz war super – und so war der Wettbewerb geboren. Für den aktuellen Wettbewerb erhielten wir knapp zweieinhalb Tausend Einreichungen von engagierten Plakatmachern aus aller Welt. Neben den „klassischen“ Themen wie Armut, Geschlechter-Diskriminierung oder politische Unterdrückung, spielten diesmal auch die Konflikte aus der Ukraine eine wichtige Rolle.
Im Moment läuft die fünfte Folge des Wettbewerbs. Wo steht Ihr gerade?
Wir sind auf der Zielgeraden: die Gewinner stehen fest, die Plakate sind im Druck, plakatiert wird ab 23. Juni – und am 3. Juli ist die öffentliche Präsentation im Heidelberger Justizgebäude. Wir freuen uns darauf und sind auch ein wenig stolz auf den Wettbewerb.
Das könnt Ihr auch sein – es ist wirklich ein tolles und wichtiges Projekt. Wir als Heidelberger Unternehmen bekommen es ja auch hautnah mit – mal abgesehen davon, dass wir hier in der Weststadt Nachbarn sind. Seit wann arbeiten wir eigentlich zusammen?
Das müsste so um die drei Jahre sein, wir stiegen ein, als Ihr Euren großen Marken-Relaunch hattet. Und seitdem machen wir ja dauernd für Euch Projekte.
Wie sind wir denn so als Auftraggeber? Komplettier‘ doch bitte mal den Satz: „Die GIM ist als Partner…“
…nicht beratungsresistent! Und: man kann sich als Kunde auch auf Euch verlassen – wer Dienstleister ist, weiß, wie wichtig solche Dinge sind. Und das schätzen wir auch an Euch.
Und die Schattenseiten? Sei ehrlich (lacht)!
Na ja, die Timings sind oft knapp, da hätte man gerne ab und zu etwas mehr Zeit, um noch bessere Arbeit abzuliefern – aber das wisst Ihr ja selbst mit Blick auf Eure eigenen Kunden, dass man da manchmal den pragmatischen Weg gehen muss (lacht).
Da sagst Du was. Ganz zum Schluss noch drei kurze persönliche Fragen mit der Bitte um ebenso kurze Antworten. Erste Frage: Was macht Dich rasend?
Ungerechtigkeit – in allen möglichen Ausprägungen.
Was macht Dich traurig?
Dass viele Menschen das Gefühl haben, vieles laufe falsch – und sie könnten nichts dagegen tun.
Was macht Dich glücklich?
Harmonie, Familie, Natur, Stille.
Na, wenn das kein Schlusswort ist. Damit sind wir am Ende. Götz, herzlichen Dank für das Interview und bis demnächst!
Weblinks zum Interview
Unternehmen gggrafik: http://gggrafik.de/content/index_ger.html
Kampagne “Mut zur Wut”: http://mutzurwut.de/2014/
[…] RADAR-Leser kennen das ehrgeizige Projekt. Ebenso wie einen der Initiatoren der ersten Stunde: Götz Gramlich – Plakatmacher, Grafiker, engagierter Künstler, Mensch. Die GIM unterstützt diese starke Initiative seit langem. Umso mehr freuen wir uns, dass uns Götz […]
[…] feiert 2019 sein 10jähriges, wir unterstützen es von Beginn an. Mitbegründer und Jurymitglied Götz Gramlich ist seit langem Teil unseres Partnernetzwerks. Soweit die Eckdaten, nun zu den […]