An sich gibt es das Bikesharing ja schon seit Anfang der 00er Jahre. So richtig in Schwung kam dieser Markt jedoch erst in letzter Zeit. Das liegt vor allem an neuen Konkurrenten aus dem Ausland und einer flexibleren Regelung der Abstellorte. Das vermeintlich revolutionäre Konzept machte allerdings in manchen Städten schnell negative Schlagzeilen: achtlos abgestellte oBikes fielen zunehmend negativ im Stadtbild auf. Aber beginnen wir von vorne…
Ihr alle kennt sicherlich die „Call a bike“ Fahrräder der Deutschen Bahn. Ja, das sind die, die anstelle des Gepäckträgers, gebogene Sitze aus Metall haben, deren Sinn sich Vielen – nachvollziehbarer Weise – noch nicht erschlossen haben dürfte. Seit letztem Jahr tragen die DB Fahrräder in Berlin einen „Lidl-bike“ Schriftzug, da der Discounter als Sponsor gewonnen wurde. Ob „Lidl-bike“ oder „Call a bike“, die Leihfahrräder müssen an festen Stationen entliehen und zurückgegeben werden. Damit büßt das Fahrradfahren hier einen seiner Hauptvorteile ein: Flexibilität!
In diese Lücke sind Ende 2017 asiatische Anbieter gestoßen und haben die stationslosen Fahrräder nach Deutschland gebracht. Nach dem sogenannten Free-Floating Prinzip können Fahrräder somit überall frei abgestellt werden. In München, Frankfurt, Hannover und Berlin findet man nun neben den roten DB Fahrrädern und den blauen nextbikes auch gelbe oBikes. Sie können per App und GPS gefunden und überall innerhalb der Stadtgrenzen abgestellt werden. Ohne lästiges Stationssuchen. Was nach großem Fortschritt klingt, geriet allerdings schnell außer Kontrolle. Fahrräder werden rücksichtslos abgestellt und versperren Wege. Indes überbietet man sich auf Instagram mit Bildern von „traurigen oBikes“ unter dem Hashtag #sadobike.
So schön die Idee vom stationsfreien Bikesharing auch klingt, es ist wohl noch ein weiter Weg zum verantwortungsvollen Umgang mit der freien Wahl der Abstellmöglichkeit. Vielleicht hilft es hier, die NutzerInnen langsam an das „Bikesharing 2.0“ zu gewöhnen. OBike hat in kurzer Zeit 7.000 Fahrräder in München platziert. Was die Instandhaltung und das Parken der Fahrräder anbelangt, werden dem Anbieter bis heute Versäumnisse vorgeworfen. Zukunftsweisend könnten hier sogenannte „Hybrid-Modelle“ sein, wie sie beispielsweise von nextbike in einigen Städten umgesetzt werden. Dort existieren beide Modelle, mit und ohne Stationen, parallel. So können Erfahrungswerte gesammelt und Massenansammlungen von Fahrrädern vermieden werden.
Generell gilt: städtische Mobilitätskonzepte müssen überdacht und an die Bedürfnisse der NutzerInnen angepasst werden. So muss das Bikesharing als Teil solcher Mobilitätskonzepte verstanden und der städtische Radverkehr insgesamt gestärkt werden. Das bedeutet zum einen den Ausbau von Radwegen und öffentlichen Abstellplätzen voranzutreiben. Denn nicht nur die NutzerInnen von Leihfahrrädern haben aktuell Probleme geeignete Stellplätze für ihre Zweiräder zu finden. Ebenso müssen Mobilitätshubs geschaffen werden, sodass der Umstieg zwischen verschiedenen Verkehrsmitteln reibungslos verlaufen kann. Zu guter Letzt sollten städtische Entscheider alle politischen und rechtlichen Möglichkeiten ausnutzen um lokale Mobilität auch in lokale Hände zu legen und somit ihre Entscheidungshoheit über privatwirtschaftliche Dienstleistungsangebote wahrnehmen.
Ein buntes Bild an Leihfahrrädern und eine belebte Konkurrenz ist prinzipiell eine positive Entwicklung. Es lässt sich jedoch festhalten: für eine solche Weiterentwicklung braucht es eine ganzheitliche Strategie. Derzeit bleibt abzuwarten wie sich das „Bikesharing“ in Deutschland weiterentwickeln wird. OBike hat zumindest angekündet, in München vorerst keine neuen Räder mehr aufzustellen.
Wenn ihr mehr über das Thema wissen wollt oder mit unserer Expertin Dr. Kerstin Ullrich dazu diskutieren möchtet, könnt ihr euch auf unserer Website über GIM Move™ informieren (hier klicken).